Nicht erst seit der Coronapandemie kennen es viele Menschen: Nicht nur die Kinderbetreuung, sondern auch die pflegebedürftige Mutter nimmt eine Menge Zeit – und Kraft – des Tages in Anspruch. Dazwischen gilt es, den Haushalt zu erledigen, und danach, sich auf den nächsten Arbeitstag vorzubereiten. Die Folge: Betroffene fühlen sich überfordert, am Abend fallen sie einfach auf das Sofa und haben zu nichts mehr Lust. Sich zutiefst erschöpft zu fühlen, ist so gut wie jedem Menschen bekannt. Dauert dieser Erschöpfungszustand jedoch längere Zeit an und beeinträchtigt er den Alltag sowie das Gemüt grundlegend, könnte es sein, dass eine Erschöpfungsdepression vorliegt. Wir erläutern im Folgenden, wie sich eine Erschöpfungsdepression äußern kann und was Sie als betroffene Person dagegen tun können.
Was ist eine Erschöpfungsdepression?
Eine Erschöpfungsdepression wird mitunter mit Erschöpfungszuständen oder Erschöpfungsreaktionen, die aufgrund einer Belastungssituation entstehen, verwechselt. Der Zustand oder die Reaktion erfahren jedoch eine Linderung, sobald die Belastungssituation nicht mehr besteht. Bei einer Erschöpfungsdepression aber bleibt die Erschöpfung dauerhaft bestehen, auch wenn sich die Belastungssituation abschwächt. Eine „äußere“ Entlastung erbringt also keine „innere“ Entlastung.
Dieser Zustand ähnelt dem Burnout-Syndrom. Das Phänomen Burnout umfasst jedoch die Überforderung infolge von Stress im beruflichen Bereich. Dessen Symptome wiederum sind ganz ähnlich jenen der Erschöpfungsdepression.
Wie kann eine Erschöpfungsdepression entstehen?
Die Ursachen einer Erschöpfungsdepression können vielfältig sein. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass Betroffene sich dauerhaft in einer Belastungssituation befinden und sich ihr Zustand auch mit einer Verbesserung der belastenden Situation nicht mehr ändert. Mögliche Auslöser sind:
- Zwischenmenschliche Nöte
- Doppelbelastung durch Arbeit und Haushalt
- Beziehungs- und Familienprobleme
- Schwierige Lebensphasen (Trauer, Trennung, Verlust)
- Sexuelle Konflikte
- Finanzielle Sorgen
- Eigene Erkrankungen
- Unmöglichkeit, über Sorgen zu sprechen
Auch gewisse Wesenszüge und Charaktermerkmale führen mitunter dazu, dass bestimmte Personen eher an einer Erschöpfungsdepression erkranken als andere. Betroffene zeichnen sich oft durch einen Hang zum Perfektionismus aus, der sich in manchen Fällen geradezu zwanghaft äußert. Zudem „schlucken“ solche Personen Probleme eher, statt sie mit anderen Menschen zu besprechen. Gleichwohl halten sie Enttäuschungen, Kümmernisse oder Kränkungen nur schwer aus. Sie bürden sich zu viele Aufgaben auf, sind kaum in der Lage, einmal Nein zu sagen, und leiden dadurch unter einem permanenten Druck, alles irgendwie schaffen zu müssen. Übermäßige Leistungsbereitschaft kann allerdings auch einem geringen Selbstbewusstsein geschuldet sein. Die Selbstfürsorge und Achtsamkeit bleiben angesichts des Perfektionsdrangs gegenüber anderen auf der Strecke.
Mögliche Symptome einer Erschöpfungsdepression
Eine Erschöpfungsdepression entsteht für gewöhnlich nicht akut, sondern im Zuge eines dauerhaften Belastungszustandes. Sie kann sich sowohl in psychischen als auch physischen Anzeichen bemerkbar machen, die sich im Verlauf der Erkrankung verschlimmern können. Eine Erschöpfungsdepression äußert sich anfänglich häufig in psychischen Auffälligkeiten wie:
- Überempfindlichkeit/schnelle Reizbarkeit
- Innere Unruhe und stete Anspannung
- Schlechte Laune
- Einschlafstörungen/unruhiger Schlaf
- Konzentrationsschwäche
- Schnelle Ermüdbarkeit
- Mattheit
- Leistungsschwäche
Bleiben diese kraftraubenden emotionalen Symptome unverarbeitet, greifen sie auf das körperliche Wohlbefinden über. Es entwickeln sich sogenannte psychosomatische Symptome, die den Körper beeinträchtigen können, zum Beispiel:
- Kopfschmerzen bis hin zur Migräne
- Nacken-/Rückenschmerzen
- Zähneknirschen und Kiefergelenkschmerzen
- Magen-Darm-Beschwerden
- Kreislaufbeschwerden
- Schwindel
- Herzbeschwerden
Je länger Symptome dieser Art anhalten, desto größer ist die Gefahr, an einer Erschöpfungsdepression zu erkranken. Diese kann sich wie folgt bemerkbar machen:
- Gefühl der Ohnmacht/Hilflosigkeit
- Geringes Selbstbewusstsein
- Angstzustände
- Panikattacken
- Gefühl innerer Leere
- Antriebslosigkeit
- Anhaltende Müdigkeit
- Starkes Schlafdefizit
- Pessimismus
Um eine Erschöpfungsdepression zu vermeiden, ist es ratsam, psychische sowie physische Auffälligkeiten ernst zu nehmen und frühzeitig gegenzusteuern. Auf den Seiten der Stiftung Deutsche Depressionshilfe finden Betroffene tiefergehende Informationen sowie umfangreiche Hilfsangebote.
Holen Sie bei anhaltenden Symptomen zudem hausärztlichen oder psychotherapeutischen Rat ein, um notwendige Maßnahmen zu besprechen. So gibt es beispielweise die Möglichkeit, auf Rezept an einem kostenfreien, individualisierten Onlinekurs für mentale Gesundheit teilzunehmen.
Wie wird eine Erschöpfungsdepression diagnostiziert?
Das wichtigste Instrument, um eine Depression zu diagnostizieren, ist das persönliche Gespräch. Um erste Hinweise zu erlangen, ob eine Erschöpfungsdepression vorliegen könnte, werden meist zwei einfache Fragen an den Patienten gestellt:
- Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos?
- Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gern tun?
Werden beide Fragen mit einem „Ja“ beantwortet, kann dies auf eine Depression hindeuten. Um den Verdacht zu verifizieren, wird anschließend mithilfe mehrerer Fragen im Gespräch oder eines Fragebogens bestimmt, ob die wichtigsten Merkmale einer Depression vorliegen. Neben Hauptsymptomen wie
- bedrückter, depressiver Stimmung,
- Antriebsmangel und rascher Ermüdbarkeit sowie
- Interessenverlust und Freudlosigkeit
werden weitere Nebensymptome, die den Schweregrad der Depression kennzeichnen, ermittelt. Zu den Nebensymptomen gehören die genannten psychischen Merkmale wie Konzentrationsschwierigkeiten oder Schlafstörungen, aber auch die physischen Merkmale wie Kopfschmerzen oder Rückenschmerzen. Liegen mindestens zwei Haupt- sowie zwei Nebensymptome vor, die länger als zwei Wochen anhalten, weist dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Depression hin.
In diesem Fall gilt es, die weiteren Behandlungsschritte abzuklären und der Erschöpfungsdepression professionell entgegenzuwirken.